Disrupting Patterns of Male Subjectivity: Performativity as Subversion in Schnitzler's Reigen and Klimt and Schiele's Portraiture

Terrasi, S. Kye.  "Disrupting Patterns of Male Subjectivity: Performativity as Subversion in Schnitzler's Reigen and Klimt and Schiele's Portraiture," in Das Junge Wien- Orte und Spielräume der Wiener Moderne.  Ed. Wilhelm Hemecker, Cornelius Mittlerer and David Österle.  Berlin/Boston: De Gruyter, 2020. 123-164.

Dieser Beitrag stellt eine interdisziplinäre Untersuchung dreier Hauptvertreter der Wiener Moderne dar. Mit Beispielen von Arthur Schnitzler, Gustav Klimt sowie Egon Schiele wird gezeigt, wie sie in ihren Werken konventionelle Normen von Männlichkeit und Weiblichkeit aufbrechen und verändern. Während in der Literatur die Auseinandersetzung mit Schnitzler auf dem Ungleichgewicht der Geschlechterpositionen und den Doppelstandards fokussiert, wird die Bildinterpretation von Klimts Darstellungen machtvoller Frauengestalten oft auf den Zusammenhang mit der femme fatale, einem gängigen Thema der Zeit, reduziert. Auch Schieles Selbstbildnisse werden vor allem auf die Darstellung von Dekadenz und Verfall hin untersucht, ohne auf das Potential der Erneuerung einzugehen. In meiner Analyse zeichne ich dagegen nach, wie die Zerstörung traditioneller Gendernormen die Möglichkeit einer neuen Subjektwerdung, sowohl für Frauen als auch Männer, eröffnet.

Mit Hilfe von Judith Butlers Reflektionen über Performativität und die Konstruktion von Gender in Das Unbehagen der Geschlechter zeige ich, wie Schnitzler, Klimt und Schiele traditionelle Performationsakte, die Männer und Frauen in eine statische, sozial determinierte Rolle zwängen, zunächst aufnehmen, nur um sie anschließend zu unterminieren. Diese Weiterentwicklung erzwingt neue Interaktionen zwischen den Geschlechtern und kann dadurch die rigiden Genderdefinitionen unterlaufen. Eine genaue Betrachtung von Sprache und Gebärden in Schnitzlers Reigen verweist in der Szene zwischen dem jungen Herrn und der jungen Frau auf die anfängliche Aufnahme der gewohnten Genderkonstruktionen. Doch wie Butler zeigt, führt die Weigerung, sich dem erwarteten Verhaltensmuster anzupassen, zur Möglichkeit, aus der zugeschriebenen Rolle auszubrechen. Mit der Ablehnung der jungen Frau, die vorgegebenen Muster in dem Rollenspiel zwischen den beiden zu wiederholen, destabilisiert sie die Dominanz des jungen Herrn und bringt sich dadurch selbst in eine Position der Überlegenheit.

Ähnlich zu dieser Neubestimmung traditioneller Normen bei Schnitzler, offerieren Klimt und Schiele eine visuelle Darstellung der Auflösung und Erweiterung der akzeptierten Genderkonstruktionen. Klimts Porträt Sonja Knips wurde zum Beispiel weithin für seine Schönheit und Vornehmheit gerühmt. Eine genaue Analyse dieser höchst feminisierten Figur zeigt allerdings einen Bruch mit dem rigorosen Konzept von Weiblichkeit. Klimts Frauengestalt widersteht stereotypischen Auffassungen. Durch den Kontrast gewohnter Symbolik mit subtilen subversiven Elementen verkompliziert Klimt die einseitige Darstellung von Femininität und eröffnet damit die Möglichkeit einer Bedeutungserweiterung.

Im Gegensatz zu Klimt sind Schieles Selbstporträts wesentlich aggressiver in der Dekonstruktion der Genderbestimmung des menschlichen Körpers. In Selbstbildnis mit gesenktem Kopf und Sitzender männlicher Akt verarbeitet er die Schwächung der traditionellen Männlichkeitsattribute, die Schnitzler anhand des jungen Herrn demonstriert und dann dekonstruiert. Schiele hinterfragt außerdem Motive wie Rationalität und Herrschaft, die traditionell mit Maskulinität verbunden werden. Aber anstatt männliche Dominanz nur einfach zu zerstören, so dass Frauen eine selbstbestimmte Position einnehmen können, löscht Schiele auch noch die Reste traditioneller Männlichkeitsmodelle aus, um den Mann von dieser restriktiven Identität, die ihn selbst bestimmt und unterdrückt, zu befreien.

Die Überwindung vorgegebener Geschlechterrollen, wie sie Schnitzler, Klimt und Schiele in ihren Werken aufzeigen, positioniert sie im Raum der Moderne, inmitten einer Entwicklung, die Traditionen hinterfragt, aber wie hier gezeigt wird, nicht allein zerstörerisch wirkt, sondern neue Entfaltungsformen, sowohl für Frauen als auch Männer, utopisch aufzeigt.

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